Wie die US-Geldpolitik die Märkte bewegt
11. April 2024
Die erste Zinssenkung in den USA könnte möglicherweise länger dauern als vor einigen Wochen noch gedacht und dieses ist den wirklich guten Wirtschaftsdaten in den USA geschuldet. Das beeinflusst zwar auch die europäischen Aktien, wenn es zu einer Verzögerung kommt, doch auf dem alten Kontinent wird eine ganz neue Fantasie gespielt: Die EZB könnte die erste Zinssenkung noch vor der Fed umsetzen. Ein Szenario, auf das wir bereits Mitte März hingewiesen haben – zu einem Zeitpunkt, an dem noch kaum jemand damit gerechnet hatte.
Ändere nicht die Richtung, wenn es gut läuft. So oder ähnlich könnte man vielleicht die aktuelle Situation der US-Wirtschaft und der US-Geldpolitik zusammenfassen. Am Markt wurde in den zurückliegenden Monaten viel über die erste Zinssenkung diskutiert. Wann kommt sie? Wann ist es soweit? Meine Antwort: Vielleicht später als gedacht. Denn es läuft gut in den USA. Die Wirtschaft brummt. Die Arbeitslosen-quote, so die aktuellen Zahlen aus dem März, verharrt auf sehr niedrigem Niveau, bei 3,8 Prozent. Das ist im Grunde genommen Vollbeschäftigung.
US-Geldpolitik vor möglichem Kurswechsel
Zugleich wächst die Wirtschaft. Das sieht man unter anderem an den Exporten. Im Februar haben sie deutlich an Schwung gewonnen. Die US-Ausfuhren stiegen um 2,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Im Januar war es nur ein Plus von 0,1 Prozent. Und auch die Importe legten zu – von 1,2 Prozent im Januar auf 2,1 Prozent im Februar.
Gut, die Zahlen sind schon einige Wochen alt, es dauert halt immer, bis alles zusammengezählt ist. Aber: Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass es so im März weitergegangen ist. Und damit stellt sich die Frage, warum um alles in der Welt sollte die US-Notenbank ihre Geldpolitik ausgerechnet jetzt ändern und die Zinsen senken? Es läuft doch!
Und so kommt es, dass die US-Geldpolitik einen anderen Kurs einschlagen könnte und die für Juni von vielen Marktteilnehmern erwartete Zinssenkung möglicherweise nicht kommt. Die US-Börsen zeigen derzeit dadurch eine höhere Volatilität auf und es wird praktisch eingepreist, dass es zu späteren Zinssenkungen kommt – das sieht man auch am Beispiel des Dow Jones Volatility Index. Er ist zuletzt leicht angezogen, dies sind keine großen Ausschläge, aber es sollte weiter beobachten werden. Nimmt die Schwankung zu, vergrößert sich die Gefahr einer möglichen Kurzkonsolidierung, kurioserweise alles in einem Umfeld von wirklich guten Markt- und Wirtschaftsdaten, denn diese sind zu gut, um die US-Zinsen zu senken und damit eine steigende Inflation zu riskieren – verkehrte Welt!
Nicht nur der gesamte US-Markt ist gut gelaufen, wenn wir beispielsweise auf den S&P 500 schauen, auch viele einzelne Unternehmen und damit diverse Branchen im breiten Markt und in anderen Regionen dieser Welt, konnten mit ihren Unternehmensergebnissen überzeugen.
Doch aufgeschoben ist die US-Zinssenkung noch lange nicht. Spätestens im Jahresverlauf sind diese in den USA mehr als wahrscheinlich und auch deswegen sind und bleiben US-Aktien eine interessante Anlagechance, die gerade quasi zwei Fantasien in sich vereinen, die sich auf den ersten Blick gar nicht vertragen: einerseits, gerade weil die US-Notenbank die erste Zinssenkung verschieben könnte, zeigt das ja nur, dass die US-Wirtschaft gut läuft, was Aktien interessant macht. Andererseits: wenn die Notenbank im weiteren Jahresverlauf die Zinsen senkt, kurbelt das den Aktienmarkt zusätzlich an. Wie man es also auch dreht und wendet, US-Aktien bleiben ein Kauf, zumindest sorgfältig ausgewählte.
Ist Europa diesmal schneller?
Das gilt aber ebenso für Europa, auch wenn sich hier die Situation etwas anders darstellt. Europas Wirtschaft schwächelt. Das vom Finanzhaus S&P Global berechnete Barometer für die Eurozone legte im März zwar um 1,1 Punkte zu, signalisiert aber mit einem Gesamtwert von 50,3 Zählern nur ein Miniwachstum. Die 50er-Marke ist dabei die Schwelle; wird sie überschritten, wächst die Wirtschaft. Bei so einem geringen Plus würde sich auf jeden Fall eine Zinssenkung anbieten – und das nicht nur einmal. Doch kommt sie? Bringt die Europäische Zentralbank den Mut auf, die Zinsen zu senken auch dann, wenn die US-Notenbank abwartet? Am 11. April dürften wir schlauer sein, dann treffen sich die Euro-Banker zur Zinsberatung.
Aber egal, ob die EZB jetzt die Zinswende einläutet oder erst in ein paar Wochen, das von mir an dieser Stelle des Öfteren schon skizzierte Szenario, dass die Europäer im laufenden Jahr die Zinsen möglicherweise eher senken als die Amerikaner, ist nicht vom Tisch. Eine Annahme, die auch mehr und mehr am Aktienmarkt diskutiert wird – und den Aktienkursen in Europa zuletzt Schwung verliehen hat. Also, auch europäische Aktien sind ein Kauf.
Doch wie für US-Aktien gilt auch für europäische: Stockping ist angesagt. Denn in einer Zeit, in der sich die Wirtschaft robust präsentiert – wie in den USA –, die Zinsen aber ein hohes Niveau aufweisen oder wie in Europa die Wirtschaft schwächelt, aber die Zinsen bald sinken könnten, profitieren nicht alle Aktien gleichermaßen. Welche Aktien nun Chancen bieten, darüber können Sie gerne mit uns sprechen: Kontakt
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Über den Autor:
Dr. Markus C. Zschaber, Gründer und Geschäftsführer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft, gilt als einer der erfahrensten und renommiertesten Vermögensverwalter in Deutschland und begleitet alle Prozesse im Unternehmen aktiv mit.
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