Inflationsraten von mehr als 8 Prozent belasten nicht nur Verbraucher und große Teile der Wirtschaft – auch Anleger sehen sich einer großen Herausforderung entgegen: Wie können Vermögen in Zeiten einer hohen Inflation effektiv geschützt werden? Die Antwort ist nur auf den ersten Blick einfach: Aktien bieten Beteiligungen an Unternehmen und damit auch an deren Wachstum und künftigen Gewinnen. Doch der Teufel steckt im Detail!
Schon am 9. Juni könnte die Europäische Zentralbank (EZB) die Aufkaufprogramme für Anleihen deutlich zurückfahren. Dieser Schritt wird von Beobachtern als Einstieg in die Zinswende verstanden, die im Euroraum weiterhin auf sich warten lässt. Während die US-amerikanische Notenbank Fed den Leitzins dieses Jahr schon zweimal angehoben hat – auf eine Spanne von aktuell 0,5 bis 1,0 Prozent –, verharrt der Leitzins in der Eurozone nun schon seit März 2016 bei 0 Prozent.
Maßnahmen gegen die Inflation: Leitzinswende der EZB rückt näher
Erste Zinsschritte der EZB könnten nun entweder im Juli oder auch im August erfolgen. Es wäre aber naiv zu glauben, die europäischen Währungshüter könnten die Inflation zuverlässig steuern. Ähnlich wie der rasante Ausbruch der Inflation über die Zielmarke der Währungshüter von zwei Prozent hinaus, werden auch die Maßnahmen zur Dämpfung der Teuerung Zeit brauchen. Zumal erschwerend hinzu kommt, dass die durch den Krieg in der Ukraine und der Lieferketten-Problematik in Mitleidenschaft gezogene Konjunktur nicht abgewürgt werden soll.
Schutz gegen Inflation: Darauf kommt es an!
Dass die Wirtschaft im Zuge einer restriktiveren EZB-Geldpolitik an Fahrt verliert, ist zwar möglich; doch ein kräftiger Wirtschaftseinbruch erscheint derzeit zumindest nicht allzu wahrscheinlich. Erstens, weil es dank der stabilen Beschäftigung in allen wichtigen Wirtschaftszonen und über den Erwartungen liegenden Quartalszahlen der Unternehmen besser läuft als gedacht. Und zweitens: Die EZB priorisiert schon seit Jahren das Wachstum gegenüber der Preisstabilität. Dies bedeutet: Gut möglich, dass die EZB zunächst einen kleinen Zinsschritt vollzieht – etwa um 0,25 Prozentpunkte – und dann erst einmal abwartet, welchen Einfluss dieser Schritt auf die Inflation haben wird.
Sollte die EZB tatsächlich diesen Weg gehen, können Anleger wohl auch nach diesem Sommer damit rechnen, dass die Inflation weiterhin Druck auf Vermögen ausüben wird. Und: Welch verheerende Auswirkung eine hohe Inflation auf die Kaufkraft hat, zeigen folgende Beispiele:
So vernichtet die Inflationsrate Ihre Kaufkraft | ||||
Was von 500.000 Euro übrig bleibt, in Kaufkraft nach x Jahren | ||||
nach… | 2 Prozent | 3 Prozent | 5 Prozent | 7 Prozent |
1 Jahr | 490.196 | 485.437 | 476.190 | 467.290 |
2 Jahren | 480.584 | 471.298 | 453.514 | 436.719 |
3 Jahren | 471.161 | 457.571 | 431.919 | 408.149 |
5 Jahren | 452.865 | 431.304 | 391.763 | 356.493 |
10 Jahren | 410.174 | 372.047 | 306.957 | 254.175 |
15 Jahren | 371.507 | 320.931 | 240.509 | 181.223 |
30 Jahren | 276.035 | 205.993 | 115.689 | 65.684 |
Quelle: eigene Berechnungen |
Das sollten Anleger bei der Aktienwahl beachten
Aber: Es gibt einen Weg, dieser drohenden Gefahr aus dem Weg zu gehen. Die Unsicherheit am Markt kann für langfristig denkende Anleger, die in den vergangenen Monaten ihre Hausaufgaben gemacht haben, sogar eine Chance sein. Und zwar dann, wenn es gelingt, Inflations-Schutz-Aktien günstig einzukaufen. Geeignete Titel sind solide Unternehmen mit robusten Geschäftsmodellen und starken Marken, die Preissteigerungen an ihre Kunden weitergeben können, ohne dass die Nachfrage schwindet. Gute Beispiele dafür sind in diesem Kontext Basiskonsum-Titel oder auch Telekommunikationsanbieter. Doch auch bei Industriewerten mit Alleinstellungsmerkmalen und vollen Auftragsbüchern gibt es Chancen. Wichtig ist, dass Inflations-Schutz-Aktien nicht nach einem Schema-F, sondern individuell selektiert werden. Neben handfesten Fakten und einer professionellen Analyse kann auch ein guter und direkter Draht zum Management entscheidend sein.
Inflation ist gekommen, um zu bleiben
Die Phase steigender Preise wird wohl auch nach diesem Sommer nicht vorbei sein. Die Inflation ist gekommen, um zumindest vorerst zu bleiben. Reale Renditen sind immer schwerer zu erreichen. Anders als etwa Immobilien, die von der bevorstehenden Zinswende hart getroffen werden könnten, bieten Aktien Anlegern ein großes Maß an Flexibilität sowie unterschiedliche Chance-Risiko-Profile. Beteiligungen an Unternehmen sind damit wohl die besten Bausteine für ein Portfolio, das der Inflation langfristig ein Schnippchen schlägt. Doch Vorsicht: Eine Garantie, dass Anleger mit jeder Aktie eine reale Rendite erzielen, besteht natürlich nicht, wie bereits geschildert. Es werden Qualitätsaktien gesucht und da sollte man wie folgt unterteilen: Zunächst gilt es die sogenannte fundamentale Qualität zu durchleuchten. Dies bedeutet, dass man auf die tatsächlichen Bewertungskennziffern einen Blick wirft, also beispielweise die Bilanz betrachtet (auch seitens Verschuldung / Fremd-/Eigenkapital usw.), den Cash-Flow eines Unternehmens, das Kurs-Gewinn-Verhältnis, das Kurs-Buchwert-Verhältnis oder aber auch die Dividendenrendite.
Natürlich ist dieses das blanke Zahlenmaterial, es dient jedoch zunächst als Grundlage, darüber hinaus ist sicherlich auch das Thema der Managementqualitäten zu berücksichtigen und sicherlich auch das wirtschaftliche Umfeld, also die Konjunktur selbst, in welchem Zyklus wir uns befinden, denn so erkennt man mögliches Potential oder auch nicht.
Der zweite und geschärfte Blick gilt mit Sicherheit dem Thema rund um die Profitabilität, denn es gilt bei Qualitätsaktien mit einem überschaubaren und durchschnittlichen Risiko eine möglichst hohe Verzinsung auf das eingesetzte Kapital zu erwirtschaften. Hierfür gilt es die sogenannte Eigenkapitalrentabilität oder die Gesamtkapital-rentabilität zu betrachten – ich gebe zu, für Laien jetzt nicht einfach, aber darum geht es. Denn eine hohe Rentabilität wird häufig dann erzielt, wenn aus dem erzielten Umsatz möglichst viel Gewinn generiert werden kann, hier lohnt also auch ein Blick auf die Gewinnmargen des Unternehmens.
Dieses ist gerade heutzutage sehr wichtig, denn es gilt herauszufinden, wer beispielsweise in diesem Inflationsumfeld mit einer hohen Rendite diese ausgleicht und darüber hinaus einen weiteren Wertezuwachs generiert. Die Realität derzeit ist natürlich so, dass viele Unternehmen selbst von der Inflation betroffen sind. Grund: Steigen durch die Inflation die Preise von Gütern oder Dienstleistungen, die das Unternehmen benötigt, schmälert dies zunächst die Margen. Wenn nun das Unternehmen in der Lage ist, die höheren Preise an seine Kunden weiterzugeben, spricht man von echter Qualität, zumindest am Aktienmarkt.
Möchten man es relativ einfach formulieren, dann sind Qualitätsaktien so gestaltet, dass diese Unternehmen es verstehen, eine hohe Profitabilität zu erzielen, ein nachhaltiges Wachstum zu implementieren und ein überschaubares unternehmerisches Risiko aufzuzeigen, so der Idealfall.
Muss ich mich fundamental festlegen, so wären es das Kurs-Gewinn-Verhältnis, das Kurs-Buchwert-Verhältnis, der Cash-Flow, die Dividendenrendite und die Eigenkapitalrendite. Ich denke aber auch, dass dieses für den Normalanleger wiederum fast zu viel ist und es ist sicherlich keine Garantie für den Finanzerfolg, denn dazu kommt die Einzelbetrachtung der Kapitalmärkte und den damit verbundenen Herausforderungen.
Profis wie wir nutzen neben KGV und Dividendenrendite eine Reihe weiterer Kennzahlen. Zum Beispiel kann das Kurs-Buchwert-Verhältnis Aktien identifizieren, bei denen die Substanz wertvoller ist als das komplette Unternehmen an der Börse. Eine gute Cash-Flow-Entwicklung gilt als Maßzahl für die Finanzstärke und die Eigenkapitalrendite als Hinweis auf besonders ertragsstarke Unternehmen. Aber alle haben eines gemeinsam, einzeln betrachtet können sie ein falsches Bild vermitteln.
Wieso bieten Aktien dann Schutz vor Inflation und Krise?
Aktien sind nicht nur Wertpapiere, sondern reale Beteiligungen an Unternehmen. Investiert man also sein Kapital in Aktien, ist man damit gleichzeitig real am sogenannten Wirtschaftskreislauf beteiligt. Wichtig bei der Auswahl der Unternehmen in einem inflationären Umfeld ist allerdings, dass es bei den Unternehmen die Möglichkeit gibt, auf die eigenen erhöhten Kosten, beispielsweise im Einkauf oder der Verarbeitung, mit Preiserhöhung zu reagieren und diese vom Konsumenten angenommen und getragen werden. Das gelingt nicht allen Firmen, daher ist ein genauer Blick in das Geschäftsmodell und eben die Qualität wichtig, wie bereits im oberen Teil beschrieben.
Im Allgemeinen spricht man also von der sogenannten Preissetzungsmacht bei Unternehmen. Dies bedeutet, dass diese Unternehmen über exzellente Geschäftsmodelle verfügen mit gefragten und erfolgreichen Marken, qualitativ hochwertigen Produkten, einer starken Marktstellung und möglicherweise einer Innovationskraft, um in einem schwierigen Umfeld auf die Veränderungen reagieren zu können. Diese Grundlagen dienen dann der Möglichkeit, im Idealfall die Preise so zu erhöhen, dass die Inflation ausgeglichen werden kann.
Unabhängig von der jetzigen Sicht auf das Thema der Inflation, gilt die Aktie als die beste und liquideste Ertragsquelle für sein Vermögen oder auch zum Vermögensaufbau, wenn man genügend Zeit investiert. Aber Achtung, Korrekturen – gerade in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen – sind jederzeit möglich, daher auf den hier geschilderten Leitfaden achten, mit uns sprechen und viel Zeit mitbringen.
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