Seit einigen Monaten bewegt oftmals nur ein Wort die Märkte – Zinssensivität. Doch was bedeutet es, wenn Unternehmen anfällig für steigende Zinsen sind? Ganz grundsätzlich sorgen niedrige Zinsen in der Regel für mehr Investitionen und damit auch für eine prosperierende Wirtschaft. Hohe Zinsen hingegen bringen mit sich, dass sich Investoren zumeist zweimal überlegen, ob sie Investitionen tätigen – schließlich ist auch das dafür benötigte Kapital teurer.

Inflation verharrt auf hohem Niveau

Was in der Theorie sehr einfach klingt, treibt in der Realität der Märkte oftmals einen Keil zwischen Indizes und manchmal sogar einzelne Branchen: Manche Unternehmen haben schwer zu kämpfen, wenn der Markt höhere Zinsen erwartet, andere Firmen kommen damit deutlich besser zurecht. Der Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA hat zuletzt dafür gesorgt, dass der Markt statt weiter steigender Zinsen in den USA bereits im Sommer mit fallenden Zinsen rechnete. Inzwischen hat sich diese Kehrtwende hinsichtlich der erwarteten Zinsen zwar wieder ein wenig abgeschwächt, doch gehen noch immer viele Beobachter davon aus, dass die Zinsen in den USA nicht mehr so kräftig und auch nicht mehr über einen längeren Zeitraum steigen werden; selbst Zinssenkungen in 2023 sind noch nicht völlig ausgeschlossen.

Eine derartige Erwartungshaltung ist aus unserer Sicht sehr optimistisch, aber möglich. Inflationsdaten aus der Eurozone und den USA signalisieren, dass die Teuerung keineswegs  den Rückzug angetreten hat, wie noch vor ein paar Wochen erwartet. Dies bedeutet: Wie wir stets betonten ist die Inflation nicht schnell zu kontrollieren, viel zu viele Einflussfaktoren spielen eine große Rolle und aus unserer Sicht hat gerade die Fed den Zeitpunkt verschlafen, bereits Mitte 2021 die Zinsen langsam und konjunkturunschädlich zu erhöhen.

Dazu kommt: Der Preisanstieg auf Monatssicht hat in den USA sogar längst einkalkulierte Basiseffekte eingepreist. Aussagen von Vertretern der US-Notenbank deuten auch weiter darauf hin, dass die Währungshüter ihren Kampf gegen die Inflation fortsetzen werden, wobei hier jetzt genau abgewogen werden muss. Man bekämpft die Inflation, wäre die eine Seite, man riskiert dadurch Insolvenzen wie die derzeitigen im Bankensektor und möglicherweise auch in anderen Branchen, durch zu hohe Kostenbelastungen. Oder: Man erhöht nicht weiter und die Inflationsseite bekommt noch mehr Druck, sprich: sie steigt und entwertet dadurch die Kaufkraft des Geldes. Unsere Meinung: Die Inflation wird weiter steigen oder auf diesem Niveau verharren, kein Notenbanker riskiert den Zusammenbruch des Systems durch zu hohe Zinsen, das ist Fakt.

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) spricht noch davon, der Inflation keinen freien Lauf zu lassen, erst in der vergangenen Woche (16. März 2023) haben die europäischen Währungshüter den Leitzins erneut um 50 Basispunkte auf nun 3,50 Prozent angehoben.

Einen weiteren Anstieg sehen wir ebenfalls kritisch, schürt man doch dadurch Ängste eine neue Euroländerkrise und damit auch Währungskrise entstehen zu lassen. Und dass muss man wissen, die jetzigen Schulden im Eurosystem sind so hoch, dagegen waren es 2008 bis 2011 Peanuts.

Warum die Zinssensivität entscheidet

Aktien von Unternehmen mit hoher Zinssensivität dürften also auf absehbare Zeit volatil bleiben. Einerseits machen Erwartungen an ein Ende der Zinserhöhungen gerade Titeln mit hohem Refinanzierungsbedarf und schwächerer Bonität Mut. Andererseits bergen diese Werte gerade deswegen auch großes Enttäuschungspotenzial.

Hohe Cashflows sorgen für mehr Stabilität

Der Fall der Krisen-Bank SVB hat gezeigt, dass die Märkte sehr wohl nervös werden, wenn steigende Zinsen auf Unternehmen in Schieflage treffen. Titel mit hoher Zinssensivität, also Unternehmen mit hohem Refinanzierungsbedarf oder Werte aus Branchen, die sich innerhalb kostspieliger Transformationen befinden, sind per se gefährdeter als etablierte Unternehmen, die Monat für Monat hohe Cashflows ausweisen und für ihre Produkte oder Dienstleistungen auch höhere Preise aufrufen können. Für Panik besteht trotz der jüngsten Ereignisse derzeit kein Grund – aber es gilt abzuwarten, denn der systemische Stress ist weiterhin da und es wird die kommenden Wochen neue Hilfsprogramme und Unterstützungen geben, das steht fest.

Bei der SVB kamen, wie wir heute wissen, gleich mehrere Ereignisse zusammen, auslösend waren am Ende die Investoren selbst, die immer mehr Geld abzogen und die Bank, die kursleidende Anleihen verkaufen musste, aber nicht schnell und gut genug. Auch der tiefe Fall und letztendlich Verkauf der Credit Suisse galt schon im vergangenen Jahr wegen misslungener Geschäfte und eigener Verfehlungen als angeschlagen. Die Reaktion am Wochenende seitens der Schweizer Nationalbank und der UBS, zusammen mit den großen Notenbanken der Welt, verdeutlicht die Eile, einen Bank-Run und eine Kettenreaktion die über alle Banken hinweggeht, zu verhindern. Wohl dem der hohe Bankguthaben bei seiner Bank hat / hatte und am Wochenende gut schlafen konnte – das wäre ein Märchen aus 1001 Nacht.

Langfristig überwiegen die Chancen

Anleger sollten im aktuellen Marktumfeld unbedingt einen kühlen Kopf bewahren und bei der Konstruktion eines Portfolios unter anderem einen besonderen Fokus auf die Zinssensivität von Unternehmen legen. Sie entscheidet maßgeblich darüber, ob die kommenden Wochen und Monate volatil werden oder nicht. Langfristig aber überwiegen für den Aktienmarkt ohnehin die Chancen.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Märkte nach nunmehr mehr als einem Jahr der Baisse wieder positiv entwickeln könnten, sobald die Unsicherheit verfliegt. Der Kampf gegen die Inflation wird länger dauern als erwartet und Unternehmenspleiten werden weiterhin stattfinden, dieses ist der Geldpolitik der letzten 15 Jahre geschuldet. Allerdings, wer aussichtsreiche Titel schon heute analysiert, vormerkt und auch teilweise schon kauft, wird langfristig immer richtig liegen und an folgendes Szenario sollte man gerade wegen der kürzlichen Insolvenzen immer denken: Habe ich als Anleger beispielsweise Investments wie Aktien / Fonds, besitze ich sozusagen Sachanlagen, die zwar schwanken, aber außerhalb einer Bankbilanz sind, somit im Insolvenzfall weiterhin mir als Anleger gehören. Auch bieten die Aktienanlage und Fonds langfristig Schutz vor Inflation, welches im jetzigen und zukünftigen Umfeld sehr wichtig ist.

Habe ich als allerdings als Privatperson oder auch als Unternehmen eine hohe Bargeldquote beispielsweise als Sichteinlage bei einer oder mehreren Banken, muss man sich immer bewusst sein, sein eigenes Kapital gehört ab dem Zeitpunkt der Einzahlung an sich der Bank, denn geht diese in eine Insolvenz, haftet man mit seinem Kapital für die mögliche Abwicklung der Bank. Sicherlich gibt es Zusagen hier in Deutschland für Kapital bis 100.000 Euro, aber es reicht bei weitem nicht, wenn man eine Privatperson mit hohem liquiden Vermögen ist oder gar ein Unternehmen. Und dazu muss man an das System glauben, der Rettungsfonds für Banken oder auch staatliche Garantien sind nicht dafür ausgelegt, dass systemisch zwei / drei Großbanken kippen! Man darf auch bei dem Fall der Credit Suisse nicht außeracht lassen, Anleiheinvestoren, die in sogenannte Nachranganleihen AT1 investieren, sitzen auf einem Totalverlust, trotz Übernahme durch die UBS.

Aus unserer Sicht ist daher die Aktie als reale Unternehmensbeteiligung das Non plus ultra, aber natürlich ein großer Korb an ausgewählten Substanz- und Dividendenunternehmen und aktiv durch unsere Vermögensverwaltung betreut. Auch wenn die jetzige Lage schwierig ist und es weiterhin gerade durch die aktuelle Situation im Finanzsystem bei Schwankungen bleiben wird, das Thema der hohen Zinsen und auch der Inflation wird uns erhalten bleiben. Dieses allein bedingt durch den US-Zinserhöhungszyklus, denn von der Steilheit und Schnelligkeit der Erhöhungen haben wir vorher ähnliches noch nicht gesehen, welches wiederum extrem belastend für die Wirtschaft und die Unternehmen, aller Branchen, ist. Man spricht hierbei auch von den sogenannten Zinsänderungsrisiken.

Und sind wir einmal ehrlich zu uns selbst. Wer sich ein bisschen auskennt im Bankenwesen und am Wochenende die Berichterstattungen las und viel Geld bei seiner Bank auf seinem Konto hatte, der hätte eigentlich nicht mehr ruhig schlagen können – wäre das Risiko der Credit Suisse auf andere Banken übergegangen, wäre das Geld auf dem Konto nicht mehr sicher gewesen, Fakt.

Dann schon lieber schwankende Assets wie Aktien, aber kapitalerhaltend durch den Status der Sachanlage und dazu kommt noch das Thema rund um die Inflation, die man jetzt definitiv nicht mehr so bekämpfen kann wie noch vor Wochen gedacht. Gewöhnen wir uns in den USA an 4,5 Prozent bis 6 Prozent in den kommenden Jahren und für Europa sehe ich die 7,5 Prozent Inflation als praktisch gesetzt. Wie will denn die EZB die Verschuldung steuern, die wir im Eurolandsystem haben – gar nicht möglich.

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss.

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