Die gute Nachricht vorweg – zumindest auf den ersten Blick. Die Inflation in Deutschland sank im Dezember auf 8,6 Prozent. Die ersten Reaktionen auf die Inflationsdaten fielen fast ein wenig überschwänglich aus. Von einer „Positiv-Wende in der Krise“ war da die Rede. Doch wie ist die zuletzt gesunkene Inflation in Deutschland mit etwas Abstand zu bewerten? Und was bedeutet das für Anleger?

Zunächst einmal ist es selbstverständlich positiv, dass die Teuerung nachgegeben hat. Das suggeriert, dass die Inflation kontrolliert werden kann. Blickt man jedoch auf die Details, so erkennt man, dass die Inflation in Europa durch die hohen Energiepreise, die gestiegene Geldmenge sowie hohe Nachfragen mit begrenztem Angebot, bestimmt ist. Diese externen Faktoren hat die Teuerung immens nach oben getrieben und jetzt zumindest aus dem Energiesektor auch für die Entspannung gesorgt.

Inflationsdaten: Es zählt jedes Detail

Für die Europäische Zentralbank (EZB) ist diese Entwicklung eine glückliche Fügung: Die Leitzinsen werden zwar weiter steigen, doch voraussichtlich in kleineren Schritten als zuletzt. Vor allem für einige der hoch verschuldeten Eurostaaten ist das ein Segen, können sie sich doch einen noch deutlich teureren Schuldendienst nicht leisten. Allein aus diesem Grund ist die jüngste Entwicklung sehr positiv und schenkt allen Beteiligten zum Start ins Jahr 2023 Zeit. Vor allem Anleger sollten diese Zeit allerdings konstruktiv nutzen!

Die im Dezember gesunkenen Inflationsdaten in Deutschland deuten zwar eine Entspannung an, doch herausfordernd bleibt die Gemengelage allemal. Wie bereits skizziert, sind in der Eurozone als auch in den USA zeitweise unterschiedliche Faktoren für die Teuerung und vor allem das Handeln der Notenbanken, verantwortlich. In den Vereinigten Staaten sorgt ebenso die hohe Nachfrage und die in Verbindung mit steigenden Preisen ebenfalls ansteigende Umlaufgeschwindigkeit des Geldes für Teuerung. Während in den USA steigende Zinsen die Euphorie in der Wirtschaft ein wenig dämpfen können, bleibt die Eurozone allerdings weiterhin auch von den Energiepreisen abhängig. Weitere Faktoren sind nach wie vor löchrige Lieferketten und Personalmangel. Auch wenn das von einigen Volkswirten negiert wird, wirft auch die rund ein Jahrzehnt währende Niedrigzinsphase noch immer einen Schatten auf die Gegenwart.

Immobilienmarkt könnte deutlicher unter Druck kommen

Zwar dürfte die Zeit der zweistelligen Inflationsraten innerhalb der Eurozone vorbei sein, doch müssen sich Anleger auf eine anhaltend hohe Teuerung einstellen. Auf Sicht der nächsten Jahre könnte die Inflation um die Marke von 5 Prozent pendeln. In bestimmten Bereichen sind langfristig Kaufkraftverluste von einem Drittel ein wahrscheinliches Szenario. Es wäre also töricht, aufgrund der jüngst veröffentlichten Inflationsdaten von einem Wendepunkt in der Krise zu sprechen. Vielmehr geht es darum, die Inflation in Deutschland und der Eurozone nüchtern zu interpretieren.

Die Zinsen dürften auf absehbare Zeit nicht mehr das niedrige Niveau von vor der Pandemie erreichen. Damit bleibt auch der Immobilienmarkt, der über viele Jahre für Investoren ein Hort der Stabilität war, überaus anfällig. Die hohen Preise sind angesichts der Finanzierungskosten nicht zu halten. Hinzu kommen steigende Anforderungen für energetische Sanierungen – manche Vermieter fürchten sich schon heute von erlöschenden Betriebsgenehmigungen für unsanierte Mietwohnungen ab 2030. Diese Gemengelage wird gepaart mit hohen Energiekosten und der wachsenden Anzahl an Refinanzierungen in den kommenden Jahren den Immobilienmarkt weiterhin unter Druck setzen. Die See im vermeintlich sicheren Hafen wird unruhig. Doch was ist die Alternative?

Inflationsdaten im Blick behalten – Anleger sollten flexibel bleiben

Der Aktienmarkt bieten gerade in inflationär geprägten Zeiten vielfältige Möglichkeiten. Anleger können sich auf Unternehmen fokussieren, die auch in Zukunft Cashflows generieren und eine solide Preissetzungsmacht haben. Nach diesem Prinzip lässt sich auch 2023 ein Portfolio konzipieren, das das Zeug dazu hat, der Inflation aktiv zu begegnen und reale Renditen zu generieren. Betrachtet man die Zukunft, so findet man gerade heute viele Unternehmen, die es gilt zu beobachten oder auch schon zu kaufen – auch wenn es nochmals den einen oder anderen Durchsacker an der Börse geben könnte, dafür sind die Themen einfach zu vielfältig.

Heute muss man sich die Frage stellen, wo steht die Aktie und das Unternehmen  in fünf Jahren, welches Geschäftsmodell liegt vor, ist es global konkurrenzfähig, deckt es beispielsweise menschliche Bedürfnisse oder zukünftige Dienstleistungen ab? Dann ist der Preis nicht zu teuer, denn den richtigen Einstiegszeitpunkt kennt man praktisch nicht. Man kann mit einem Blick zurück nur sagen, dass war ein Schnäppchen und genau darum geht es, jetzt schon die Schnäppchen vor morgen zu analysieren und ins Depot neu einzubinden oder auch nachzukaufen.

Hinzu kommt die größere Flexibilität von Aktien im Vergleich zu anderen Anlageklassen, wie etwa Immobilien. Auch in den 1970er Jahren ist die Inflation nach einer ersten Beruhigung ab 1974 im Jahr 1977 erneut in den zweistelligen Bereich geklettert. Handlungsfähig zu bleiben, könnte sich langfristig also auszahlen. Die jüngsten Inflationsdaten sind positiv für die Märkte und lassen Anleger durchatmen. Zu Sorglosigkeit geben sie aber keinen Anlass. Vielmehr sollten Investoren, die einen Vermögensaufbau mit Aktien anstreben, mit Weitsicht die Zeit nutzen und ihre Vermögensstrategie solide aufstellen.

 

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss.

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