Italiens Wirtschaft wächst seit einiger Zeit schneller als die deutsche. Hintergrund dafür sind auch größere Förderprogramme für die Bauwirtschaft. Es kommt also nicht von ungefähr, weshalb der FTSE MIB, Leitindex der Börse in Mailand, sich zuletzt recht ordentlich entwickelt hat.

Vom Sorgenkind zum Wachstumsmotor – eine Rolle, in die Italien erst einmal hineinwachsen muss. Fast schon traditionell gilt das Land als wachstumsschwach, hoch verschuldet und von seiner Wirtschaftsstruktur als veraltet. Zum Teil stimmt das auch noch, aber eben nicht mehr ganz. Seit einigen Jahren wächst Italien schneller etwa Deutschland. Die drittgrößte Volkswirtschaft Europas hat seit 2019 um fast vier Prozent zugelegt – und das ist fünfmal mehr als die deutsche Wirtschaft aufweist. Und während Deutschland im laufenden Jahr mit der Stagnation kämpft, rechnen Volkswirte für Italien mit einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt von immerhin knapp einem Prozent.

Eine Frage, zwei Antworten

Es stellt sich die Frage, wie Italien das geschafft hat: Vom Sorgenkind zu einem Wachstumsmotor in der Europäischen Union zu werden? Nun, die Frage muss von zwei Seiten aus betrachtet werden. Zum einen, der Begriff „Wachstumsmotor“ ist vielleicht etwas übertrieben. Mit einem BIP-Plus von einem Prozent in 2024 kann Rom vielleicht gegenüber Berlin punkten, aber verglichen mit vielen anderen Volkswirtschaften der Welt ist das eher wenig. Die USA zum Beispiel sollen in diesem Jahr um 2,7 Prozent wachsen.

Zum anderen: Es muss festgehalten werden, dass Italiens Schulden weiter steigen – und zwar schneller als in Deutschland. Die Staatsschulden betrugen 2023 rund 2,9 Billionen Euro und lagen damit 4,7 Prozent höher als im Jahr 2022. In Deutschland hingegen sind die Schulden im gleichen Zeitraum nur um 2,4 Prozent gewachsen, auf 2,6 Billionen Euro. Es liegt also der Gedanke nahe, dass zumindest ein Teil des kräftigeren Wirtschaftswachstums in Italien auf neue Schulden zurückzuführen ist.

Und so ist es auch. Vor allem über Kredite und Förderprogramme für die Bauwirtschaft wird derzeit viel Geld vom Staat in die Privatwirtschaft gepumpt. Beobachter schätzen, dass rund zwei Drittel des Wachstums auf den „Baueffekt“ zurückzuführen sind. Im Mittelpunkt stehen dabei energetische Sanierungsmaßnahmen, die mit bis zu 110 Prozent gefördert werden. Das heißt. Der Antragsteller bekommt nicht nur sämtliche Baumaßnahmen vom Staat bezahlt, am Ende erhält er auch noch über Steuervergünstigungen zehn Prozent der Bausumme quasi als Bonus obendrauf. Da können viele Hausbesitzer nicht „Nein“ sagen und vergeben entsprechende Aufträge. Die italienische Baubranche steigerte ihre Produktion etwa im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr um über 25 Prozent. 2022 fiel das Plus mit knapp 13 Prozent nicht mehr ganz so kräftig, aber immer noch beachtlich aus.

Schulden werden weiter steigen

Zwar wurden die Fördermaßnahmen unter der neuen Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gekürzt, doch die Staatsschulden werden erst einmal weiter steigen, auf schätzungsweise drei Billionen Euro im laufenden Jahr. Gegenüber dem Vorjahr wäre das ein erneutes Plus von deutlich über drei Prozent. Das dabei Italiens Staatschuldenquote fällt, von 144 Prozent im Jahr 2022 auf schätzungsweise 143 Prozent in diesem Jahr, ist erfreulich, löst mittelfristig aber nicht das Problem. Die Verschuldung ist insgesamt viel zu hoch und wird früher oder später den Handlungsspielraum der Regierung in Rom einschränken.

Dabei hat diese Regierung noch viel vor. Bis 2030 soll etwa der Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Stromverbrauch Italiens auf 65 Prozent steigen, von derzeit knapp 37 Prozent. Das erfordert einen deutlichen Ausbau der regenerativen Energieerzeugung. Bestanden etwa Ende 2022 landesweit Photovoltaikleistungen in Höhe von 24 Gigawatt, sollen es 2030 mindestens 80 GW sein. Experten schätzen das jährliche Marktwachstum für die Erneuerbaren in Italien auf mindestens sieben Prozent. Doch das geht eben nur über staatliche Fördermaßnahem, die die Schulden weiter erhöhen. Viel Geld soll auch in die Modernisierung des Schienennetzes fließen, rund 60 Milliarden Euro sollen es sein. Höhere Beträge sind auch für Sanierungsprojekte der Wasserversorgung und der Abfallwirtschaft vorgesehen.

Zur Finanzierung all dieser Maßnahmen dienen unter anderem Fördergelder aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU, die im Rahmen der Corona-Pandemie zur Verfügung gestellt wurden. Bis 2026 sind das für Italien immerhin 200 Milliarden Euro. Fraglich ist jedoch, was nach dieser Zeit passiert, wenn die Geldmittel seitens der EU versiegen. Spätestens dann muss Italien sein Schuldenproblem in den Griff bekommen, doch danach sieht es im Moment nicht aus. Der Wachstumsmotor Italien könnte dann wieder ins Stottern geraten.

FTSE MIB im Aufwind

Dies bedeutet jedoch nicht, dass einige im FTSE MIB gelistete Aktien nicht auch mittel- und langfristig Chancen bieten. Bereits in den zurückliegenden zwölf Monaten hat der italienische Leitindex um gut 30 Prozent zugelegt und somit besser performt als der DAX. Dieser kommt nur auf ein Plus von 18 Prozent – obwohl er im Gegensatz zum FTSE MIB ein Performanceindex ist und unter anderem Dividendenzahlungen berücksichtigt. Und auch auf Drei- und Fünf-Jahressicht hat der FTSE MIB gegenüber dem DAX die Nase vorn.

Für Italiens Börse spricht auch die immer noch relativ niedrige Bewertung. Viele der im FTSE MIB gelisteten 40 italienischen Blue Chips haben Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) im einstelligen Bereich. Doch interessierte Anleger sollten nicht nur auf das KGV schauen, auch andere wichtige Parameter wie etwa das Management oder Konkurrenzumfeld signalisieren, ob eine Aktie mittel- und langfristig attraktive Renditechancen bietet. Sollten Sie Interesse an aussichtsreichen Aktien aus Italien haben -übrigens auch abseits des FTSE MIB – können Sie sich gerne jederzeit bei uns melden: Kontakt

 

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