Vor allem deutsche Anleger rieben sich in den vergangenen Wochen mehrfach die Augen: Der DAX machte – kurze Kursdellen inklusive – seit dem Herbst 2022 nicht nur ordentlich Boden gut; der heimische Leitindex präsentierte sich auch robuster als der S&P 500, Dow Jones und Nasdaq 100. In den Medien wurde der DAX sogleich gelobt. Von einem Comeback war da die Rede und auch von der neuen Stärke deutscher Aktien. Schon die Schieflage zweier US-Banken hat die Situation aber bereits wieder ein wenig geändert – US-Werte zeigten sich zuletzt wieder ein wenig dynamischer. Trotzdem war die DAX-Stärke zuletzt offensichtlich.

Man darf aber nicht vergessen, dass gerade der DAX im vergangenen Jahr unter dem Einfluss der Auseinandersetzung um die Ukraine seitens seiner Stabilität mehr als hinterfragt wurde. Die chaotischen und andauernden politischen Handlungen rund um das Thema der Energieversorgung und der möglichen Abwanderung von deutschen Eliteunternehmen, die für unsere hiesige Wirtschaft mehr als wichtig sind, führte nicht nur zu großer Unsicherheit, sondern veranlasste Investoren auch dazu, den deutschen Aktienmarkt zu meiden und Kapital abzuziehen. Irgendwann, auch wenn sich nichts an der kuriosen Politik unseres Landes änderte – im Gegenteil: es wird immer wahnsinniger rund um die Themen der Öl- und Gasheizungen sowie nun das neue Lieblingsthema der europaweiten Haussanierungen –fassten Investoren wieder Vertrauen und investierten wieder in den DAX. Aus gut informierten Kreisen kann man allerdings schon jetzt wieder hören, dass man dem deutschen Wirtschaftsmotor mit dem Blick in die Vergangenheit zwar wieder einiges  zutrauen würde, aber nicht mit dieser politischen Führung, die alles daran setzen würde, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu zerstören!

DAX: Was bedeutet es nun für die Anleger – kleiner Index, große Klumpenrisiken

Der DAX bündelt die gemessen an ihrer Marktkapitalisierung vierzig größten Werte am deutschen Aktienmarkt. Bereits der Vergleich mit den beiden US-Leitindizes macht deutlich, wo der entscheidende Unterschied liegt: im DAX sind vergleichsweise wenige Werte zu finden. Dieser geringe Diversifikationsgrad ist auch das größte Argument dafür, dem DAX nicht allzu viel Raum in einem ausgewogenen Portfolio zu geben, wenngleich der deutsche Leitindex in einem breit diversifizierten Depot durchaus seinen Platz haben sollte.

Gerade Privatanleger, die beim Vermögensaufbau mit Aktien nicht auf die fundierte Einzeltitelselektion (Stockpicking) einer Vermögensverwaltung setzen, greifen bei der langfristigen Vermögensplanung oftmals zu Indexfonds und holen sich die großen Namen ins Portfolio. Gegenüber S&P 500, Dow Jones, aber auch MSCI Europe oder dem japanischen Topix, fällt der DAX in punkto Risikostreuung deutlich zurück. Gerade passive Investments sind jedoch auf diese Form der Streuung angewiesen: Wer ein Anlageuniversum nicht regelmäßig analysiert und die gemessen an fundamentalen Kriterien besten Aktien auswählt, muss bewusst den Gesamtmarkt kaufen. Dazu kommt, mit Blick auf einzelne Aktien im Vergleich zu einem Index, sieht die Performance eines Index schon in einigen Phasen schlechter aus. Ein gutes Beispiel dafür ist etwa der Vergleich des MSCI World gegenüber der Microsoft-Aktie über einen Zehn-Jahreszeitraum. Diese bedeutet nun nicht, alle auf eine Karte – es zeigt nur, die Einzeltitelauswahl über mehrere Aktien, bei diesem Anlagehorizont, erwirtschaftet einfach mehr Rendite als ein passives Investment.

Natürlich kann auch gelten – je mehr Werte, desto geringer das Risiko

In einem Index mit 500 Einzelwerten fallen Risiken auf Ebene der Einzeltitel möglicherweise deutlich weniger ins Gewicht, als im DAX mit seinen vierzig Unternehmen. Auch deswegen fällt die Home Bias, oder auch Heimatneigung, beim DAX besonders ins Gewicht: Anleger setzen auf Indizes und Werte, die sie besonders gut kennen. Ist ein solches Investment dann auch noch mit einem geringen Diversifikationsgrad verbunden, kann das mit erhöhten Risiken einhergehen.

Doch noch ein weiterer Grund spricht dafür, dem DAX nicht zu viel Raum in einem Portfolio zu geben: Noch immer stammen mehr als ein Fünftel der DAX-Werte aus der Industrie. Im S&P 500 ist dieser Anteil mit rund neun Prozent deutlich geringer. Insbesondere nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine zeigte sich, dass die Industrie von den bevorstehenden Transformationen der Wirtschaft im Zuge von Krieg und Klimawandel besonders gefordert ist. Beispielsweise nimmt mit BASF im DAX ein Unternehmen rund 3,6 Prozent ein, das sich in einer herausfordernden Situation befindet. Energieintensive Geschäftsbereiche in Europa fallen weg, neues Geschäft in Asien soll entstehen. Dass letzteres vor dem Hintergrund der zunehmenden politischen Spannungen zwischen Ost und West kein Selbstläufer sein wird und mit Risiken verbunden ist, liegt auf der Hand. Zum Vergleich: Der US-Konkurrent DuPont de Nemours macht im S&P 500 nur rund 0,1 Prozent aus – und ist in den USA deutlich weniger von hohen Energiepreisen betroffen.

DAX bietet durchaus auch Chancen

Deutsche Privatanleger müssen auf ihren Leitindex aber nicht verzichten. Vor allem für taktische Positionen kann es sich anbieten, den Index zu wählen, den man am besten kennt. Der hohe Anteil an Industrieunternehmen kann dafür manchmal sogar von Vorteil sein. Wenn wie aktuell die Erwartungen an die künftige Zinspolitik von Woche zu Woche stark schwanken, reagieren auch Indizes wie der DAX sensibel. Diese erhöhte Volatilität können sich Anleger im Rahmen von taktischen Positionen durchaus zu Nutze machen. Einen allzu großen DAX-Anteil sollten sich Anleger aber nicht ins Depot legen, sondern stattdessen besser über den Tellerrand blicken und auf die großen Indizes und Aktienmärkte setzen. Der DAX bleibt für kleine Engagements oder als Depotbeimischung dennoch langfristig eine Alternative. Man kann es auch so umsetzen wie unser Haus in der Vermögensverwaltung, 40 bis 50 Top-Einzelaktien und dann noch den einen oder anderen Index- ETF zur Abrundung.

 

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss.

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