Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob man mit gutem Gewissen Fleisch ist oder nicht, schließlich ist seit Beginn der Achtziger die Möglichkeit täglich Fleisch zu essen vom Luxusgut zum günstigen Dauerbrenner geworden. Trotz Haltungsvorschriften für Tiere und Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln, bleibt Fleischgenuss für viele Menschen ethisch fragwürdig – selbst dann, wenn konsequent auf die Herkunft geachtet wird. Kein Wunder also, dass die Anzahl der Vegetarier in den vergangenen Jahren kräftig zugenommen hat. Allein in Deutschland leben mittlerweile rund sieben Millionen Vegetarier; laut einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung hat sich die Zahl der vegetarisch lebenden Menschen seit 1983 damit mehr als verfünfzehnfacht.

Die am häufigsten angegebenen Gründe für eine vegetarische Lebensweise sind moralisch-ethischer Natur. Es ist also keineswegs so, dass Menschen, die sich für eine vegetarische Ernährung entschieden haben, Fleisch nicht schmeckt.

Sogenanntes In-Vitro-Fleisch könnte daher – und zwar nicht nur für die Vegetarier – die Lösung sein. Gemeint ist aus Stammzellen in Bioreaktoren eigens für den Verzehr gezüchtetes Fleisch – ohne Massentierhaltung, Antibiotika, Wachstumspräparate und Treibhausgase. Doch gibt es bei In-Vitro-Fleisch wirklich keinen Haken?

Noch ist In-Vitro-Fleisch nichts für den Supermarkt

Noch ist das Fleisch aus dem Labor vergleichsweise teuer und deswegen alles andere als „supermarkttauglich“. Auch wirft der Herstellungs-Prozess Fragen auf: Hierbei kommen zumindest bei manchen Ansätzen Embryonen von Kälbern zum Einsatz, die innerhalb einer Nährstofflösung dafür sorgen, dass aus Stammzellen Fleisch entsteht. Andere Ansätze setzen statt auf Embryonen auf Algen. Dieses Verfahren dürfte weniger ethische Bedenken hervorrufen. Vertreter der Industrie sind trotzdem davon überzeugt, dass jedwede Technologie für In-Vitro-Fleisch ethischer ist, als die konventionelle Viehwirtschaft. Doch wann erlangt die Technologie Marktreife und wann können Anleger vom neuen Fleisch profitieren?

Um die Ecke denken lohnt sich

Nach den Zulassungen für In-Vitro-Fleisch in Singapur und den USA dürften auch andere Regionen der Welt nachziehen. Bis die neue Form des Fleischgenusses jedoch flächendeckend in die Kühltheken der Supermärkte kommt, gilt es, Verfahren zu optimieren und Kosten zu senken. Erst wenn In-Vitro-Fleisch mit biologisch erzeugten Produkten mithalten kann, dürften sich die Produkte auf dem Markt durchsetzen. Davon geht auch die Management-Beratung AT Kearny aus, die bis 2040 mit einem Marktanteil von einem Drittel rechnet. In-Vitro-Fleisch könnte dann weltweit bis zu 1,8 Billionen US-Dollar umsetzen.

Für Anleger ist die Branche aktuell noch unübersichtlich. Die verschiedenen Verfahren mit unterschiedlichen ethischen Fallstricken sollten Investoren von Einzel-Investments in Startups absehen lassen – zu unsicher ist die künftige Entwicklung, zu unübersichtlich der vergleichsweise junge Markt. Am Ende dürften es ohnehin die großen Vertreter der Lebensmittelindustrie sein, die profitieren. In Deutschland hat sich der Mutterkonzern von Wiesenhof bereits vor Jahren an einem entsprechenden Startup in Israel beteiligt. Auch Anlagenbauer wie Gea könnten vom Trend profitieren – das Unternehmen aus Düsseldorf kann schon heute entsprechende Bioreaktoren liefern, in denen letztlich In-Vitro-Fleisch gezüchtet werden kann. Da der Erfolg der neuen Technologie auch davon abhängt, wie schnell In-Vitro-Fleisch in großen Mengen produziert wird, liegt ein Investment in Hersteller derartiger Bioreaktoren nah.

In-Vitro-Fleisch als langfristige Investment-Chance

In-Vitro-Fleisch trifft aktuell bei Verbrauchern und Investoren einen Nerv: Kundinnen und Kunden wünschen sich alternative Nahrungsmittel und Konsum mit gutem Gewissen. Investoren setzen bevorzugt auf wachstumsstarke Trends, die das Potenzial haben, über viele Jahre anzuhalten. Fleisch aus dem Bioreaktor könnte ein solcher Trend sein. Anleger sollten sich wie immer bei neuen Technologien breit aufstellen, auf verschiedene Akteure setzen und vor allem auch Zulieferer und indirekte Profiteure nicht außer Acht lassen. Besonders wichtig ist für langfristig denkende Investoren, nicht während Übertreibungs-Phasen zu investieren, sondern die langfristigen Chancen am Aktienmarkt nüchtern zu sondieren.

Kurzum: Vor allem weniger erfahrene Privatanleger dürften angesichts der zahlreichen Investment-Herausforderungen Schwierigkeiten haben, die lukrativen Aktien zu identifizieren – und daher es gerade für diese Investoren ratsam, auf professionelle Vermögensexperten zu vertrauen. Dann kann In-Vitro-Fleisch guten Gewissens zu einem lukrativen Investment werden.

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss.

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