Französische Aktien entwickelten sich in diesem Jahr deutlich besser als ihre deutschen Pendants. Und: Es gibt einige gute Gründe, weshalb der CAC 40 auch 2022 Freude bereiten könnten. Ein Selbstläufer sind Investitionen in französische Aktien aber sicherlich nicht.

Gemessen am Leitindex CAC 40 schafften französische Aktien in diesem Jahr bisher ein Plus von rund 25 Prozent. Zum Vergleich: Der DAX (Kusindex) verzeichnete im gleichen Zeitraum „lediglich“ einen Zuwachs von etwa 10 Prozent.  Dass sich das französische Börsenbarometer so erfreulich entwickelte, kommt natürlich nicht von ungefähr. Während die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) hierzulande für das zu Ende gehende Jahr mit einem Wachstum von 2,8 Prozent rechnet, traut sie Frankreich stattliche 6,8 Prozent zu. Auch im kommenden Jahr dürfte unser Nachbarland die Nase vorn haben.

Die Regierung Macron sieht angesichts fast 90 Prozent vollständig Geimpfter derzeit keine Notwendigkeit, weitere drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu beschließen. Hinzu kommt: Zwar fordern dies- und jenseits des Atlantiks die unterbrochenen Lieferketten in Form von Angebotsengpässen und steigenden Preisen ihren Tribut. Dieser Gegenwind dürfte aber im Lauf des kommenden Jahres abflauen, der Weltwirtschaft zusätzliche Schubkraft verleihen – und somit auch die französische Wirtschaft beflügeln.

Französische Aktien: Exportunternehmen im Vorteil 

Denn: Dank Frankreichs global ausgerichteter Konsumgüterproduktion und vielen international ausgerichteten Industrieunternehmen könnten französische Aktien in besonderem Maße davon profitieren. Die stärksten Exportbranchen sind neben der Kfz-Zuliefer- und der pharmazeutischen Industrie die Hochtechnologie der Luft- und Raumfahrt sowie Luxusgüter und Agrarprodukte.

Potenzial für französische Aktien birgt aber auch ein Sondereffekt, den derzeit nur die wenigsten Auguren auf dem Schirm haben dürften. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron sucht mit seinem italienischen Amtskollegen Mario Draghi den Schulterschluss in Sachen Schuldenpolitik. Gemeinsam fordern sie eine Aufweichung der Maastricht-Kriterien. Statt zu einer starren Obergrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bei der Staatsverschuldung müsse sich jedes Mitglied der Eurozone zu einem Konsolidierungsplan verpflichten, der auf die jeweilige nationale Situation zugeschnitten sei, brachte es Finanzminister Bruno Le Maire erst jüngst in einem Interview auf den Punkt. Mario Draghi ist als einer der weltweit cleversten Investmentkenner und früherer Chef der Europäischen Zentralbank bestens vernetzt und wird alles dafür tun, Paris Schützenhilfe zu geben.

Französische Aktien könnten von möglicher Schuldenregion profitieren 

Gut möglich, dass Frankreich und Italien auf die Unterstützung der EU-Kommission zählen können. Denn auch Brüssel will, dass der Stabilitätspakt an die veränderten ökonomischen Realitäten angepasst wird. Die neue Berliner Ampel-Regierung wird diese Entwicklung vermutlich nicht aufhalten können. Am Ende könnte es angesichts dieser Gemengelage auch zu einer Vergemeinschaftung der Schulden kommen.

Sicherlich, auch einige weitere Staaten der Eurozone dürften davon profitieren – zumindest auf den ersten Blick –, mit einem Schuldenstand von 115 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wäre Frankreich aber sicherlich einer der großen Nutznießer dieser Entwicklung. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Mittel könnten dann in die teils äußerst marode Infrastruktur Frankreichs investiert werden. Davon würden nicht nur französische Unternehmen profitieren, auch das Ansehen von Staatspräsident Macron könnte im Fahrwasser von dringend benötigten Zukunftsinvestitionen ansteigen. Und dies könnte wiederum die Chance erhöhen, dass Macron den Kampf um den Élysée-Palast im April kommenden Jahres für sich entscheiden könnte. Nur zur Erinnerung: Als Macron 2017 die Wahlen für sich entschied, reagierten die Aktienmärkte mit deutlichen Kursaufschlägen.

Französische Aktien sind nicht vor Korrekturen gefeit

Noch ist aber nichts in trockenen Tüchern, weder eine Vergemeinschaftung der Schulden noch die Wiederwahl von Emmanuel Macron. Und: Ob Frankreich trotz einer hohen Impfquote von weiteren Corona-Wellen verschont bleibt, ist zwar möglich, aber keineswegs gewiss. Anleger, die einen Vermögensaufbau mit Aktien anstreben, sind daher gut beraten, äußerst wachsam zu bleiben, die Entwicklung der Wirtschaft und der Inflation genauesten zu verfolgen und falls notwendig ihre Positionen entsprechend anzupassen. Doch das ist einfacher gesagt als getan. Vor allem in so unsicheren Zeiten wie derzeit, bedarf es viel Erfahrung, Zeit und Know-how, um die aussichtsreichen Unternehmen zu identifizieren.

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss.

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