Die Angst vor einer Ausbreitung der Delta-Variante des Corona-Virus, die anhaltende Sorgen vor einer steigenden Inflation und die Befürchtung, dass die weltweite Konjunkturerholung ihren Höhepunkt erreicht haben könnte – allesamt Entwicklungen, die aktuell für  schwankende Kurse dies- und jenseits des Atlantiks sorgen. Viele Anleger beschäftigen sich daher nun mit der Frage, jetzt schon wieder einsteigen oder bis nach dem Sommer warten?

Eine alte Börsenweisheit gibt die Antwort: „Time in market, not market timing.“ Denn: Eine langfristige Anlagestrategie ist die nachhaltigere Alternative als die Suche nach dem besten Einstiegszeitpunkt. Dies belegen auch zahlreiche Studien, die sich mit diesem Thema befasst haben.

Keine Frage: Jeder Anleger wünscht sich, zu niedrigen Kursen einzusteigen. Doch was sind niedrige Kurse und welche Einflussfaktoren müssen oder sollten berücksichtigt werden? Zunächst ist einer der wichtigsten Punkte das fundamentale Umfeld – sei es lokal oder global. Denn: Die wirtschaftliche Stärke einer Volkswirtschaft und die dementsprechenden Zyklen geben Aufschluss auf die kommenden Unternehmensentwicklungen, wenn beispielsweise hohe Nachfragen entstehen. Dazu gehört natürlich auch, bei einzelnen Unternehmen, die stärkere Rücksetzer haben, diese genauestens zu analysieren. Konkret: Weshalb gab es den Rücksetzer, in welchem Umfeld geschah dies und wie die Aussichten für das Unternehmen? Das Gleiche gilt für Branchen und Sektoren und genau dies ist dann das Zusammenspiel, warum eine Investition getätigt werden kann oder sogar sollte. Um dieses vorzunehmen benötigt es einen großen Erfahrungsschatz.

Generell gilt aber auch, da der Anleger langfristig investiert sein sollte, dass es wichtig ist, überhaupt zu investieren. So zeigte beispielsweise eine Untersuchung der Bank of America, die den Zeitraum bis zurück ins Jahr 1930 berücksichtigte, dass Anleger bei einer Investition in den S&P 500 eine wesentlich höhere Rendite erreicht hätten, wenn sie die zehn besten Handelstage pro Jahrzehnt nicht verpasst hätten und sich nicht vom Marktgeschehen hätten beeinflussen lassen. Eine Untersuchung der Investment Strategy Group kommt zu einem ähnlichen Ergebnis.

Kann ein Timing beim Start der Kapitalanlage funktionieren

Ein Timing kann eine erfolgreiche Strategie sein. Wer etwa die sich anbahnende Tragweite der Corona-Pandemie erahnt hätte, nach dem Einbruch des Marktes im Frühjahr 2020 dann bei niedrigsten Kursen eingestiegen wäre, hätte bis heute eine ordentliche Rendite erzielen können. Doch welcher Privatanleger schafft das schon beziehungsweise hat dafür das Wissen und natürlich das Nervenkostüm. Market Timing dürfte vor diesem Hintergrund eher eine Strategie für versierte und erfahrene Anleger sein, die über viel Zeit für Recherche, ein professionelles Risikomanagement und über große Mengen an Daten und Informationen verfügen, sie analysieren und die technischen Marktbewegungen antizipieren können.

Eine langfristige Investition und Sichtweise ist der Schlüssel zum Erfolg

Ein Timing kann also funktionieren. Ich kann von mir behaupten, häufig richtig gelegen zu haben. Wissen, Glück gehabt, gutes Händchen, den richtigen Riecher – nennen Sie es, wie Sie wollen. Dennoch bin ich als Vermögensverwalter mit mehr als 30 Jahren Berufserfahrung der Meinung: Das Wichtigste für den langfristigen und nachhaltigen Erfolg ist nicht das Timing, sondern einen Plan zu haben. Dazu zählen eine langfristige Kaufen- und Halten-Strategie in einem Teil des Portfolios sowie eine aktivere Gestaltung in einem weiteren Teil des Portfolios; nennen wir es die strategische und die taktische Allokation. Dazu natürlich der aktive Eingriff bei starken Marktverwerfungen sowie ein breit diversifiziertes Portfolio über zahlreiche Anlageklassen hinweg. Aber auch mindestens ebenso bedeutsam ist es, sich nicht von Emotionen leiten zu lassen. Liebe, Glaube, Hoffnung haben an der Börse nichts verloren, dies gilt gerade beim Vermögensaufbau mit Aktien .

Wer in Wertpapiere investiert, sollte immer mit schwankenden Kursen und Korrekturen rechnen, dass gehört dazu. Ein langer Anlagehorizont dürfte das aussichtsreichste Mittel sein, um kurz- und mittelfristige Schwankungen auszugleichen und attraktive Renditen zu erzielen. Und gerade im jetzigen Umfeld der niedrigen oder besser gesagt 0 Prozent Zinsen, der Strafzinsen bei hohen Bargeldeinlagen bei den meisten Banken, einer höheren Inflation und damit die Entwertung der Kaufkraft, einer systemischen und globalen Verschuldung – was braucht es noch, um den Weg in die Anlageklasse „Aktien“ zu finden?

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss.

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