Für die eidgenössischen Anleger läuft es derzeit glänzend: Vergangene Woche erklomm der Swiss Market Index (SMI) mit deutlich mehr als 11.500 Punkten ein neues Allzeithoch. Beflügelt haben dürften den Schweizer Blue-Chip-Index unter anderem gute Konjunkturdaten und ein verbessertes Konsumklima. Kurzfristig scheint der positive Trend intakt zu sein, doch mittel- und langfristig könnten die Zeiten für den Schweizer Leitindex und seine Werte schwieriger werden.

Robuste Entwicklung des SMI

Seit Anfang Januar legte der SMI um rund 7 Prozent an Wert zu. Die stärksten Zuwächse verzeichnete er im April und Mai: Das KOF-Konjunkturbarometer, das als Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz gilt, erklomm im April einen Rekordwert, um dann im Mai mit 143,2 Punkten das Vormonatsergebnis nochmals um sieben Punkte zu übertreffen. Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) bewertet die Konjunkturaussichten als positiv. Auch der Einkaufsmanager-Index (PMI) für die Industrie stieg im Mai saisonbereinigt zum Vormonat um 0,4 auf 69,9 Punkte. Er liegt damit auf dem höchsten Stand seit Beginn der Erhebung im Jahr 1995. Die erfreulichen Nachrichten rund um die konjunkturelle Entwicklung stützten auch den Schweizer Aktienmarkt. In der Spitze stieg der Schweizer Leitindex Anfang Juni auf rund 11.570 Punkte.

Politischer Hammerschlag für den SMI

So glänzend die kurzfristige Gegenwart für den SMI und die darin enthaltenden Werte auch scheint, am Horizont ziehen dunklere Wolken auf. Nicht, weil die Schweizer Unternehmen weniger erfolgreich sind, sondern weil die Politik ihnen einen Schlag versetzt hat.

Nach sieben Jahren zäher Verhandlungen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Schweiz über ein Rahmenabkommen ließ die Berner Regierung vor wenigen Tagen die Gespräche platzen. In dem Rahmenabkommen, das die rund 120 bilateralen Verträge ersetzen sollte, ging es etwa um die Weiterentwicklung und Modernisierung der beiderseitigen Beziehungen, Ex- und Importbedingungen, Staatsbeihilfen und Personenfreizügigkeit. Die Bedeutung verlässlicher Bedingungen macht folgende Zahl deutlich: Der Handel mit der EU macht 60 Prozent des Schweizer Bruttoinlandsprodukts aus. Erschwerte Bedingungen würden die eidgenössischen Unternehmen daher erheblich treffen.

Dämpfer für den SMI?

Die Entscheidung der Politik könnte die Euphorie am Markt und bei den SMI-Werten mittel- und langfristig dämpfen. Erste Auswirkungen sind bereits spürbar. Zuerst traf es unter anderem Schweizer Medizintechnikunternehmen. Sie müssen neue bürokratische Hürden überwinden, um eine Zulassung für den EU-Binnenmarkt zu erhalten. Eine entsprechende Regulierung der EU trat einen Tag nach dem Ende der Verhandlungen in Kraft. Und dies könnte nur der Anfang sein. Nach Angaben des Schweizer Wirtschaftsforschungsinstituts BAK Economics könnten Rückschritte bei den technischen Handelshemmnissen die Güterexporte der betroffenen Branchen in der Schweiz bis 2040 um insgesamt 12 Prozent schrumpfen lassen.

SMI mit kurzfristigem Potenzial

Angesichts der konjunkturellen Lage und der robusten Positionierung der Schweizer Unternehmen könnte der SMI auch im zweiten Halbjahr noch Aufwärtspotenzial bieten. Für kurzfristig orientierte Anleger bieten sich daher womöglich durchaus noch Chancen. Wie sich jedoch die weitere Entwicklung des eidgenössischen Leitindex und seiner Werte darstellt, dürfte stark von den Auswirkungen des gescheiterten Rahmenabkommens mit der EU abhängen. Zwar bleibt es dabei, dass an einem Vermögensaufbau mit Aktien kaum ein Weg vorbeiführt. Doch sind zumindest Zweifel angebracht, ob Schweizer Aktien auf mittlere und längere Sicht dafür die richtige Wahl sind. Zudem gilt es in Abhängigkeit von der eigenen Risikoneigung abzuwägen, ob einzelne Qualitäts- und Dividendenwerte oder breit gestreute ETFs bevorzugt werden.

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss.

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