Ob die Alpenüberquerung zu Fuß, der selbst restaurierte Sportwagen oder die lang ersehnte Kreuzfahrt – Menschen über sechzig Jahre haben selbstverständlich noch Ziele und möchten noch einiges erleben. Zog man sich noch vor Jahrzehnten im Alter zurück, geht es für viele Konsumenten ab dem Ruhestand erst so richtig los. Auch die Demografie in westlichen Industrieländern zeigt: Die Bevölkerung wird immer älter. In Deutschland sind aktuell rund 22 Millionen Menschen über sechzig. Das ist jeder Vierte. Bis 2050 wird dieser Anteil auf 38 Prozent steigen. Eine ähnliche Entwicklung ist in zahlreichen weiteren westlichen Industrienationen zu beobachten. Für uns Investoren gibt es also gute Gründe, sich Demografie-Aktien einmal näher anzuschauen.

Longevity-Bewegung setzt neue Standards

Was gemessen an einem traditionellen Verständnis von Konsum ein Problem für die Wirtschaft werden könnte, ist in der Realität keines. Denn: Vom „Nichtstun“ sind viele Menschen jenseits der sechzig Jahre noch weit entfernt – und das spielt unter anderem der Konsumbranche in ihre Karten. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass ältere Menschen mehr Freizeit und eine höhere Kaufkraft haben als der Rest der Bevölkerung. Und diese Freiheiten und finanziellen Möglichkeiten nutzen offenbar auch immer mehr Menschen im fortgeschrittenen Alter.

Das viele Unternehmen dieser Entwicklung längst Rechnung tragen, überrascht nicht wirklich. Etwa hat der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé Verpackungen für Schokolade so umgestaltet, dass sie auch von älteren Menschen leichter geöffnet werden können. Auch teure Sportwagen kommen längst mit einem Fahrwerk daher, das auf Wunsch kleinere Fahrbahnunebenheiten eher glattbügelt als sportliche Rennatmosphäre zu schaffen. Der Grund: Die meisten Käufer haben bereits ein gewisses Alter und schätzen Komfort. Die Tourismus-Branche hat sich ebenfalls schon längst auf die ältere Klientel eingestellt und entsprechende Reisen im Angebot.

Das Potenzial von Demografie-Aktien

Die Beispiele zeigen, dass inzwischen zahlreiche Branchen und Unternehmen Anpassungen vornehmen, um der alternden Zielgruppe zu genügen. Überproportional stark profitieren aber nur einige wenige Branchen. Ganz weit vorne ist das Health Care-Branche. Dass hier die Ausgaben stetig steigen, ist kein Geheimnis. Dank bestehender Versicherungspolicen steigen die Ausgaben mit zunehmendem Alter automatisch. Auch wächst der Druck, bei typischen Alters-Gebrechen für Lösungen zu sorgen. Galten etwa Hüft- oder Kniebeschwerden bis hin zu Alzheimer und Parkinson vor einigen Jahrzehnten noch als unabänderliches Übel im Alter, ist der Anspruch heute ein anderer. Trends wie die Longevity-Bewegung proklamieren Fitness und Lebensfreude bis ins hohe Alter. Die damit einhergehende „Whatever-it-takes-Haltung“ bekommen Ärzte heute in Patientengesprächen bereits mit.

Es reicht vielen Patienten heute längst nicht mehr, wieder gesund zu werden. Patienten von heute streben Perfektion an – auch im fortgeschrittenen Alter. Blutwerte und andere Parameter sollen bestmöglich überwacht und selbst innerhalb der Normbereiche von Laboren noch optimiert werden. Biotech-Unternehmen, Medizintechnik-Konzerne, Longevity-Startups und auch findige Privatärzte stellen sich auf diese Zielgruppe bereits ein. Wir gehen davon aus, dass ein Teil dieses Trends auch auf die breite Masse abfärben wird.

Demografie-Aktien ist nicht gleich Demografie-Aktie

Ein typisches Beispiel für Demografie-Aktien sind auch Reiseunternehmen. Selbst in entlegenen Regionen der Welt trifft man heute Silver-Ager aller Nationen. Oftmals in organisierten Reisegruppen. Auch die klassische Kreuzfahrt bleibt für ältere Menschen ein Thema. Erst kürzlich lief ein neuer Meeres-Gigant vom Stapel. In diesem Zusammenhang müssen sich Investoren auch die Frage der Nachhaltigkeit stellen – ob die Senioren von morgen Kreuzfahrten gegenüber noch so aufgeschlossen sind, wie die Senioren von heute, bleibt abzuwarten. Festzuhalten ist aus Anleger-Sicht in jedem Fall, dass die Demografie das Konsumverhalten signifikant und nachhaltig verändert. Unternehmen, die sich darauf einstellen und die neuen Zielgruppen effektiv adressieren, sind auch für Investoren interessant.

Demografie-Aktien bieten eine stabile und recht konjunkturunabhängige Rendite, doch werden interessierte private Anleger mindestens mit zwei Problemen konfrontiert. Zum einen müssen zunächst all die Branchen ausfindig gemacht werden, die vom demografischen Wandel profitieren werden. Eine Aufgabe, die mit ein wenig Zeit und Wissen noch in Eigenregie zu bewältigen sein sollte. Das zweite Problem ist aber ungleich größer: Sind die Sektoren identifiziert, geht es darum, die aussichtsreichen Unternehmen der entsprechenden Branchen aufzuführen. Und spätestens bei dieser Aufgabe, die viel Zeit, Wissen und ein belastbares Netzwerk erfordern, scheitern private Anleger.

 

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