Es läuft recht rund auf der Insel: Trotz Brexit ist das Vereinigte Königreich nicht untergegangen, die Wirtschaft boomt, die Bekämpfung der Pandemie ist vergleichsweise erfolgreich, die schottischen Unabhängigkeitsbestrebungen haben nach den Regional- und Kommunalwahlen in Großbritannien Anfang Mai einen – zumindest vorläufigen – Dämpfer erhalten und das Britische Pfund Sterling (GBP) gewinnt allen Befürchtungen zum Trotz an Stärke. Seit Jahresbeginn wertete das Pfund zum Euro um knapp fünf Prozent auf. Die Chancen, dass das Pfund weiter aufgewertet wird, scheinen angesichts der florierenden englischen Wirtschaft nicht schlecht zu stehen. Den Euro sollten Anleger allerdings auch nicht abschreiben.

Englands Aufschwung bringt EUR/GBP unter Druck

Die britische Wirtschaft erholt sich schneller von der Corona-Krise als gedacht. Die Bank of England hob Anfang Mai 2021 ihre Prognose für das diesjährige Realwachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von fünf Prozent auf 7,25 Prozent an. Ausschlaggebend war nach Angaben der Notenbank, dass die Ausgangssperre im ersten Quartal dieses Jahres zu geringeren ökonomischen Belastungen führte und der Impffortschritt erfolgreich sei. Beflügelt wird die Wirtschaft auch durch die aktuellen Öffnungen von Hotels, Pubs und Restaurants sowie das geplante vollständige Ende alle Einschränkungen im öffentlichen Leben am 21. Juni.

Schätzungen zufolge haben die britischen Bürger während der Pandemie umgerechnet 173 Milliarden Euro gespart, die nun wieder in den Konsum fließen und der Wirtschaft weiteren Auftrieb geben könnten. Die aktuell positive Gesamtentwicklung wirkte sich in den vergangenen Monaten auch auf das Britische Pfund aus. Notierte das Pfund im Dezember 2020 noch bei 1,10 Euro, ist die Inselwährung aktuell 1,16 Euro wert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Ausgangsniveau sehr niedrig ist. Vor den Debatten um den Brexit wurde ein Britisches Pfund bei Kursen um 1,40 Euro gehandelt, in den frühen Jahren dieses Jahrtausends bei 1,65 Euro.

Brexit-Folgen dürfte EUR/GBP-Verhältnis beeinflussen

Der britische Optimismus und die aktuellen Konjunkturentwicklung in Großbritannien überdecken derzeit die Risiken für den angelsächsischen Aufschwung. Die Corona-Pandemie hat dem Land nach Angaben des Office for Budget Responsibility einen Schuldenberg von 303,1 Milliarden Pfund (352 Milliarden Euro) hinterlassen. Auch die Folgen des Brexits mit den erschwerten Handelsbedingungen, Gesundheits- und Sicherheitskontrollen sowie Mehrwertsteuern auf Importe sollten nicht ignoriert werden – auch wenn sie aktuell noch nicht dramatisch zu sein scheinen. Sich häufende Nachrichten über Verzögerungen bei Lieferzeiten, höherer bürokratischer Aufwand und damit wachsende Handelskosten könnten zu einem schwächeren Außenhandel führen und damit das Wirtschaftswachstum bremsen.

Wirtschaft gibt dem Pfund Auftrieb

Von den Risiken ist derzeit jedoch nicht allzu viel zu spüren. Die Zuversicht in der britischen Wirtschaft schwächt in diesen Tagen das Währungspaar EUR/GBP. Und: Angesichts der Konjunkturlage könnte es für das Britische Pfund, aber auch für den britischen Leitindex FTSE 100, noch etwas nach oben gehen. Wie lange der Aufwärtstrend allerdings Bestand haben wird, dürfte auch davon abhängen, ob die Wirtschaft im Vereinigten Königreich weiter stärker als die Eurozone wachsen wird.

Anleger sollten EUR/GBP nicht abschreiben

Erhöht sich das Tempo der europäischen Wirtschaftserholung und beschleunigt sich die Impfkampagne, könnte aber auch der Euro zum Pfund wieder die Richtung vorgeben. Anleger können je nach Risikoneigung direkt das Währungspaar EUR/GBP investieren oder mittels Zertifikaten oder Optionsscheinen an der Entwicklung der britischen Währung teilhaben. Dabei ist aber zu bedenken, dass die Anlage in Währungen eine genaue Beobachtung der politischen und konjunkturellen Situation voraussetzt. Nicht umsonst gilt der Handel mit Währungen als „Kür“ bei der Kapitalanlage.

 

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