Daimler und Volkswagen stehen unter Strom
29. Juli 2021
Die Autobranche steht vor einem grundlegenden Wandel – vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb. Das Auto wird zum Smartphone auf Rädern. Galt lange Zeit, dass die deutschen Hersteller diesen Trend verschlafen haben, hat sich diese Einschätzung deutlich verändert. Konzerne wie Daimler und Volkswagen haben nicht nur Anschluss an den amerikanischen Platzhirschen Tesla gefunden, sondern sind mit ambitionierten Plänen dabei, zum Überholen anzusetzen.
Elektromobilität gewinnt an Bedeutung
Noch werden in Europa deutlich mehr Benziner und Diesel als rein elektrisch betriebene Fahrzeuge und Plug-in-Hybride verkauft. Doch die Elektromobilität gewinnt zunehmend an Fahrt. Das belegen auch die Zahlen des europäischen Automobilverbands ACEA. So stieg der Anteil der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen in Europa zwischen April und Juni 2021 gegenüber dem Vorjahresquartal von 3,5 auf 7,5 Prozent. In Deutschland wurden nach Angaben des Kraftfahrzeug-Bundesamtes (KBA) im ersten Halbjahr 2021 insgesamt 1,39 Millionen Pkw neu zugelassen, davon verfügten 539.551 Pkw und damit 38,8 Prozent über einen alternativen Antrieb (batterieelektrisch, Hybrid, Plug-In, Brennstoffzelle, Gas, Wasserstoff). Im Vorjahreszeitraum lag der Anteil noch 17,2 Prozent.
Volkswagen setzt auf „New Auto“-Strategie
Der Volkswagen-Konzern hat mit seinen Marken einen erheblichen Anteil an dieser Entwicklung. Mit Modellen wie dem e-Up, de e-Golf, ID.3, ID.4, Audi e-tron oder Porsche Taycan starteten die Wolfsburger vor nunmehr sechs Jahren ihre Elektro-Offensive. Doch Deutschlands Nummer eins hat noch ambitioniertere Ziele: Im Rahmen der „New Auto“-Strategie will Volkswagen bis 2025 zum Weltmarktführer für Elektrofahrzeuge werden. Bis 2030 sollen 70 reine E-Modelle auf den Markt kommen. Gleichzeitig plant der Konzern bis zum Jahr 2030 den Bau von sechs Gigafactories in Europa zur Fertigung von Batteriezellen.
Nun macht VW den nächsten Schritt – mit Investitionen in Höhe von 73 Milliarden Euro bis 2025 wird der Konzern neben Elektroautos seinen Fokus auf Software-Entwicklung in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, autonomes Fahren und Digitalisierung der Prozesse und Dienstleistungen richten. So soll in wenigen Jahren etwa ein Betriebssystem entwickelt werden, das auf Augenhöhe mit Android von Google und iOS von Apple ist. Diese Investitionen sollen den Autobauer Volkswagen in einen IT-getriebenen Mobilitätsdienstleister wandeln.
„Electric only“ bei Daimler
Auch die Daimler AG hat die Weichen für eine vollelektrische Zukunft gestellt. Im Rahmen seiner Strategie „Electric only“ planen die Stuttgarter, zwischen 2022 und 2030 mehr als 40 Milliarden Euro in neue Elektrofahrzeuge und acht mit Partnern geplante Batteriezellenfabriken zu investieren. Bis 2022 wird Mercedes-Benz in allen Segmenten, in denen die Marke vertreten ist, batterieelektrische Fahrzeuge anbieten. Aktuell bietet Mercedes-Benz mit seiner EQ-Modellreihe bereits einige Elektroautos an, die auf Verbrenner-Plattformen basieren. Mit dem EQS kommt nun das erste Modell, das auf einer reinen Elektro-Plattform basiert. Ab 2025 sollen drei Elektro-Fahrzeugarchitekturen für Kompaktmodelle, Oberklasse und Vans in die Produktion kommen. Ziel ist es, dass es ab dem Zeitpunkt nur noch neue rein elektrische Plattformen gibt. Bis 2030 schließlich sollen alle Marken des Daimler-Konzerns wie etwa auch Maybach, AMG und die G-Klasse elektrifiziert sein.
Vorteil durch Volumen und Vielfalt
Volkswagen und Daimler sind beide finanziell robust, solide aufgestellt, bieten hohe Qualität und verfügen über ein etabliertes, globales Geschäftsmodell. So hob Volkswagen heute nach einem Rekordergebnis im ersten Halbjahr seine Renditeziele für das Gesamtjahr an: 2021 sollen vom Umsatz 6,0 bis 7,5 Prozent als Ergebnis vor Zinsen und Steuern erzielt werden. Im ersten Halbjahr lag das Betriebsergebnis bei 11,4 Milliarden Euro, unter dem Strich verdiente VW 8,4 Milliarden Euro. Vor einer Woche hatte Daimler ebenfalls starke Eckdaten vermeldet. Dank steigender Verkäufe und höherer Preise erwirtschaftete der Konzern im zweiten Quartal einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von fast 5,2 Milliarden Euro.
Für mittel- und langfristig orientierte Anleger, die auf den Vermögensaufbau mit Aktien setzen, sind beide Autoaktien aufgrund ihres Wachstumspotenzials sicherlich einen Blick wert. Wer jedoch das Augenmerk auf die E-Mobilität-Aktivitäten richtet, für den könnte Volkswagen aktuell womöglich die bessere Wahl sein. Die Wolfsburger haben mehr Modelle auf dem Markt, investieren mehr in Elektrifizierung sowie Digitalisierung und haben einen ganzheitlichen Ansatz von der Verfügbarkeit von Elektroautos bis hin zum Fokus auf Software-Entwicklung und Dienstleistungen.
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Über den Autor:
Dr. Markus C. Zschaber, Gründer und Geschäftsführer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft, gilt als einer der erfahrensten und renommiertesten Vermögensverwalter in Deutschland und begleitet alle Prozesse im Unternehmen aktiv mit.
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